INFARGO
GaleriehausNord, Nürnberg
25. März 2022 - 6. Juni 2022
Stilbegriffe sind out of date. Zumindest scheinen sie nur für längst Vergangenes zu funktionieren. Die Gegenwart kennt nur einzelne Bäume, nicht den Wald. Ausstellungen, die Standortbestimmungen der „jungen Malerei“ wagen, heißen schlicht „Jetzt!“. Wenn wir dennoch für Johannes Felder einen historischen Stilbegriff ins Spiel bringen, dann wollen wir seine Malerei nicht als gestrig brandmarken. Dies muss umso mehr unterstrichen werden, als der vorgeschlagene Begriff in die 1950er-Jahre zurückführt: „Informel“.
Woran lässt er sich festmachen? Vor allem an der Haltung des Künstlers, der Bilder werden lässt, statt sie nur zu realisieren, denn dafür müssten sie in seiner Vorstellung schon existieren. Vage Erwartungen mögen den Maler leiten, doch wohin der Bildprozess ihn führt, mag ihn selbst am meisten überraschen. Zu wissen, wann jeder zusätzliche Pinselstrich das Erreichte wieder zerstört, wann ein Bild also fertig ist, wann es stimmt, gültig ist – das ist die größte Schwierigkeit, die aus dieser Auffassung von Malerei resultiert. Ein Ende zu finden, ist deshalb so problematisch, weil die offene Form ein Möglichkeitsfeld bedeutet. Ihre Potentiale würden die Bildwerdung immer weiter vorantreiben. Die Kunst besteht genau darin, die Energie ständiger Fortentwicklung selbst im Stillstand noch spüren zu lassen. Dann macht der Maler das Sehen zum Erlebnis eines Nachvollzugs, dann drängen sich die Vergleiche zur Natur, zu Werden und Vergehen regelrecht auf.
„Informel“, das meint die Geste und ihre Aufladung mit Emotion. Felder ist in dieser Hinsicht niemand, der zu übertriebener Dramatik neigt. Meist bevorzugt er den lyrischen Ausdruck, der sich jedoch bis ins Schwärmerische steigern kann. Doch dann holt ihn der Doppelcharakter der Farbe wieder auf den Boden des Bildes zurück. Denn Farbe ist – und auch das meint der Vorschlag, von „Informel“ zu sprechen – in seinen Gemälden nicht nur Farbwert, sondern immer auch Material. Darin finden die Bilder ihre Erdung. Die Ölfarbe bildet, wo sie pastos aufgetragen wurde, ein Relief: schrundig, bucklig und pockig – dann wieder glatt. Linien und Formen im Sinne von Setzungen gibt es kaum. Stattdessen Pinselspuren, Ränder, Grate, Gerinsel und Flecken. Aus diesem Grund erblühen die schönsten Farben, die Felder durch ein untrügliches Gespür für das richtige Quantum zu steigern weiß. Kostbarkeiten, vor allem dann, wenn sie aus dem Dunkel wie Magma hervorbrechen, glühend und sengend. Johannes Felder ist ein feinfühliger Kolorist.
Thomas Heyden (Neues Museum Nürnberg)